Wenn jemand diesen Satz sagt, will er meistens eine Sache oder einen Disput nachträglich (er)klären.

Ich will etwas mit Ihnen teilen, was mich nachdenklich gemacht hat:

In 1.Mose Kapitel 4 ab Vers 3 wird berichtet, wie Kain und Abel „zur Zeit der Ernte dem Herrn opferten.“ In Vers 4 und 5 steht lapidar: „Abels Opfer nahm der Herr an, das von Kain aber nicht.“

Da der genaue Grund dafür nicht genannt ist, müsste man spekulieren, es sei denn, man lernt die Hintergründe im Gesamtzusammenhang kennen. In Vers 5 ab dem zweiten Satz heißt es dann: „Darüber wurde Kain zornig und starrte mit finsterer Miene vor sich hin.“ Es wird nur von der Reaktion Kains berichtet (und noch immer nicht, warum Gott Kains Opfer nicht annahm). Aber eine erste Erklärungsmöglichkeit erschließt sich in eben dieser Reaktion Kains. Dessen Zorn lässt darauf schließen, dass es ihm gar nicht um Gott ging, sondern um sich selbst. Da sind wir bei möglichen Motiven. Wenn wir glauben, dass Gott allwissend ist, dann sieht er Dinge, die wir Menschen nicht sehen (selbst wenn wir oft Rückschlüsse ziehen können aus gezeigten Reaktionen und Verhaltensweisen, was Psychologen meist am besten gelingt).

Ich selbst habe schon immer behauptet, dass die Wahrheit in den Motiven liegt (sicher ist das auch der Grund, warum bei Mordermittlungen immer nach dem Motiv gefragt wird; und in der Begebenheit von Kain und Abel ist das Ergebnis ja Mord). Im Gesamtzusammenhang dieser Geschichte könnte man von folgenden Motiven ausgehen: Abel liebte Gott und gab ihm „eines von den ersten Lämmern seiner Herde“. Sein Motiv war die Liebesbeziehung zwischen ihm und Gott.

Kain hingegen nahm die Existenz Gottes lediglich zur Kenntnis als einen, der stärker ist als er selbst und dem man sich unterordnen muss. Er opferte ihm aus Pflichtgefühl. Vielleicht hoffte er auf eine Gegenleistung. Dann wäre es bestenfalls ein Tauschgeschäft. Beim Nachdenken über diese Geschichte kam ich zu einem (für mich bemerkenswerten) Schluss: Religiöse Handlungen sind häufig nichts anderes als der Versuch von Tauschgeschäften mit Gott. Ich leiste darin etwas für Gott und erwarte seine Gegenleistung (vielleicht in Form freundlicher Zustimmung meines Handelns; ich bin darum bemüht, dass Gott mir wohlgesinnt ist. Ich nehme zur Kenntnis, dass Gott stärker ist als ich, vor dem ich mindestens Respekt haben muss, ohne ihn persönlich zu kennen). Religionsausübungen, egal welcher Name der entsprechenden Religion zugrunde liegt, haben oft Tauschgeschäfte zum Ziel.

Ich behaupte auch: Sollte eine Religionsausübung aufrichtig Gott meinen-um seiner selbst willen- und der Ausübende auf der Suche nach ihm sein, um ihn persönlich kennenlernen zu können (was Religionsausübung im besten Sinne wäre), dann hat Gott vielfältige Möglichkeiten sich persönlich bekannt zu machen. Aber er wird es niemals tun, ohne dem Suchenden sein eigenes Motiv vorzustellen, nämlich dass die Liebe von ihm selbst ausging und dass ER der Handelnde war, weil er die ursprünglich verlorengegangene Beziehung zwischen Gott und dem Menschen wieder herstellen wollte. Uns selbst blieb zwar die Sehnsucht nach Gott, aber gleichzeitig die Unmöglichkeit diese Beziehung von uns aus wieder erreichen zu können. Alle religiösen Anstrengungen vermögen es nicht.

In Johannes 3,16 und 17 steht: „Denn Gott hat die Menschen so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn für sie hergab. Jeder, der an ihn glaubt, wird nicht verloren gehen, sondern das ewige Leben haben. Gott hat nämlich seinen Sohn nicht zu den Menschen gesandt, um über sie Gericht zu halten, sondern um sie vor dem Verderben zu retten.“

(Anmerkung: Die zitierten Bibelstellen sind der Übersetzung „Hoffnung für alle“ entnommen).

PS. Eben las ich einen Text von Huub Oosterhuis, der meines Erachtens perfekt zu diesem Thema passt:

„Gott, schon immer hat dein Name auf dieser Erde gewohnt und hielt uns in Atem, verhieß und bedeutete vieles. Aber im Leben und Tod Jesu Christi hast du endgültig geoffenbart, wer du bist. In ihm finden wir dich, unseren Vater, er ist dein ganzes Wort und deine ganze Verheißung.“

Ich wünsche Ihnen von Herzen, dass Sie davon überzeugt werden können, denn Gott lässt sich wirklich finden von denen, die ihn ernsthaft suchen. Aus welchem religiösen Hintergrund jemand kommt, spielt dann absolut keine Rolle mehr.

Ihre Brigitte Seidel